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"indianische" Geschichten




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"indianische" Geschichten

Beitragvon Bärbel » Mi 26. Feb 2014, 07:50

Mir als Aussenstehende steht es nicht zu, darüber zu entscheiden, was nun wirklich wahr/echt/authentisch ist und was nicht, aber durchaus interessant, mal drüber nachzudenken, was uns so als "indianische Geschichte", "indianische Weisheit" und so verkauft wird:

Angefangen von dieser angeblichen Rede von Chief Seattle "Wenn ihr den letzten Baum gefällt, den letzten Fisch vergiftet ..." usw, usw, die ja nun langsam auch anerkannter Massen reine Erfindung für die Filmindustrie ist. Denn als Seattle im Januar 1854 sprach, sprach er zwar unbestritten eine halbe Stunde lang, jedoch nicht in englisch sondern in seiner eigenen Sprache, so dass Henry A. Smith, der zwar damals anwesend war, diese Rede aber laut eigenen Angaben aufgrund von damals gemachten Notizen 1887 - also mehr als 30 Jahre später - niederschrieb und vor Ort ja wohl maximal Bruchstücke verstanden haben dürfte. In DIESER von Smith verfassten Version kommt der später ach so berühmt gewordene Teil aber gar nicht vor. Selbst in der Fassung von Willam Arrowsmith aus den 1960ern ist davon nichts zu lesen. Erst die dritte Version von 1972 von Ted Perry, der dies für einen Ökologiefilm nutzte, spricht von all dem, was heutzutage als "die Rede von Chief Seattle" so gerne die Runde macht.

Aber auch andere "indianische" Geschichten / "indianische" Weisheiten sind durchaus wert, mal hinterfragt zu werden. Klar, wenn jemand kommt "indianisch", dann aber nicht angeben kann, zu welcher Nation, noch besser welcher konkreten Gemeinschaft das gehört, sind schon mal starke Zweifel angebracht. Um dem zu entgehen, wird oftmals aber ganz schnell eine Nation dazuerfunden, auch wenn Angehörige dieser Nation von solche einer Geschichte noch nie was gehört haben. Beliebt sind dann natürlich Nationen, von denen auch jeder schon mal gehört hat. Ganz weit vorne hierbei: die Cherokee.

So auch bei der Geschichte mit mit den "zwei Wölfen im Inneren eines Menschen":
Angeblich geht die Geschichte ja so:
Ein alter Cherokee sprach mit seinem Enkel über das Leben. "In mir drin tobt ein Kampf", sagte er dem Jungen. "Es ist ein schrecklicher Kampf und er wird ausgetragen von zwei Wölfen. Einer ist böse - das ist Ärger, Neid, Trauer, Bedauern, Gier, Arroganz, Selbst-Mitleid, Schuld, Verbitterung, Schwäche, Lüge, falscher Stolz, Überheblichkeit und Ego." Und er fuhr fort: "Der andere ist gut - das ist Freude, Frieden, Hoffnung, Gelassenheit, Menschlichkeit, Freundlichkeit, Güte, Empathie, Grosszügigkeit, Wahrheit, Mitgefühl und Vertrauen. Derselbe Kampf tobt auch in Dir . und in jedem anderen Menschen ebenso." Der Junge dachte eine Minute über das Gehörte nach und fragte dann den Grossvater: "Welcher Wolf gewinnt?" und der alte Cherokee andwortete nur: "Der, den Du fütterst."

Interessant, wenn man dann diese Geschichte hört, geschrieben 1978 von dem evangelischen Pastor Billy Graham in seinem Buch "The Holy Spirit: Activating Gods Power in your life":
Ein Eskimo-Fischer kam jeden Samstag Nachmittag ins Dorf. Er brachte immer seine beiden Hunde mit. Einer war weiss, der andere schwarz. Er hatte sie darauf dressiert, auf Kommando miteinander zu kämpfen. Jeden Samstag Nachmittagd versammelten sich die Leute auf dem Dorfplatz, die Hunde kämpften miteinander und der Fischer nahm Wetten an. An einem Samstag gewann der schwarze Hund, an einem anderen der weisse - aber der Fischer gewann jedes Mal. Seine Freunde fragten, wie er das anstelle. Er antwortete: "Ich lasse einen hungern und füttere den anderen. Der, den ich füttere gewinnt immer, denn er ist stärker."

Und wenn man dann noch bedenkt, dass dieses Schwarz - Weiss / Gut - Böse typisch europäisch, typisch christlich ist, Indianernationen dies aber erst seit der Kolonialisierung kennen ... tja, also MIR kommen da durchaus Zweifel an der Cherokee-Herkunft dieser Geschichte

Gruss
Bärbel

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