Hier in Europa gibt es recht kontroverse Meinungen zu hier in Europa stattfindenden sogenannten "Powwow"s, "Indianer"-Festivals und ähnlichem. Die Fronten bei "Diskussionen" darüber, ob solche Veranstaltungen gut oder schlecht sind, sind extrem verhärtet und so möchte auch ich hier nicht erneut eine solche "Diskussion" vom Zaun brechen. Ich möchte aber sehr wohl gerne dem Leser, der noch offen ist für die Sichtweise anderer Menschen, gerne mal etwas zu lesen geben, was ich Auge in Auge schon soooooo oft von Indianern gehört und nun auch mal schriftlich festgehalten gefunden habe ... von jemand, der offensichtlich DABEI war und die Dinge nicht bloss vom Hörensagen kennt:
http://indiancountrytodaymedianetwork.com/2014/02/24/star-trek-convention-native-enthusiasts-inside-german-pow-wow-153712?page=0%2C0
Ein Star-Trek-Treffen für Indianer-Begeisterte: Bei einem deutschen Powwow
Das "Winter Pow-Wow 2014" fand am 15. Februar in Berlin, Deutschland, in der Sporthalle der Fritz-Reuter Oberschule statt. Verkäufer von Indianer-inspirierten Gegenständen waren zahlreich vertreten, ständig auf der Suche nach importierten Waren von amerikanischen Indianern - wie z.B. handgefertigte Lederartikel, Kleidung, Perlenstickereien und Dekorationsgegenstände - aber die meisten der zum Verkauf angebotenen Artikel hatten einen "Made in China"-Aufkleber.
Um den zentralen Tanzpkreis herum - welcher übrigens abgesehen von Bühnenlichtern auf Stativen und ein paar Reihen von Stühlen nicht vom Rest der Halle abgegrenzt war - sah ich Trommeln ähnlich denen, die ich von zu Hause kenne, allerdings waren sie "gemischt" besetzt, sprich Männer und Frauen trommelten gemeinsam, etwas, was bei vielen Stämmen in Amerika absolut inakzeptabel ist. Die Tänzer, die sich in diesem [Tanz-]Bereich aufhielten [wörtlich übersetzt, die diesen Bereich aufmischten/durchpflügten], waren gekleidet in einer Kombination aus New-Age-Gewandung oder einem Mischmasch der verschiedensten Kulturen der Welt, wobei die meisten sich an Kostümen im indianischen Stil versucht hatten im Stile von Grass-, Men´s Traditional-. Fancy Shawl- und Jingle-Tänzern. Solche, wie man sie täglich haufenweise bei ebay oder ähnlichen Webseiten kaufen kann, selbst in Europa.
Bei viele der Teilnehmer, die darauf warteten, dass die Veranstaltung begann, sah es so aus, als trugen sie so viele Brustplatten, Bärenkrallen-Ketten, Federn und Knochenschmuck, wie sie gerade noch tragen konnten. Unter den vielleicht 200 Zuschauern trugen ebenfalls viele ihre "Indianer"- oder Western-Ausstattung, war es nun eine einzelne Feder, Moccassins oder Gesichtsbemalung, aber abgesehen von meinem Sohn und mir und Robert Packard, einem Yankton Sioux, der schon seit mehr als 30 Jahren in Europa lebt, waren keine Indianer dort. Genau genommen war überhaupt keine andere Minderheit vertreten und die Blicke in meine Richtung variierten von neugierig bis herausfordernd.
Auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht worden waren wir durch Packard, der eingeladen worden war, und so erreichten wir die Veranstaltung kurz vor dem "Grand Entry", welches angekündigt wurde von einer sehr langen Rede des "MC" und der "Head Woman". Mehrere Gebete und New-Age-Gesänge wurden dargeboten und in verschiedenen Sprachen wiederholt und ab und zu von ein paar Worten in Lakota (die Lieblings-Indianer-Sprache in Deutschland) durchsetzt, gefolgt von einer recht modifizierten Darstellung der "Powwow Etikette".
Als ein Inter-Tribal-Lied begann (ironischer Weise, denn es waren ja keine Stämme anwesend), nahm mich einer der Ordner zur Seite und erklärte mir, ich solle meinen Hut abnehmen, denn das gehöre sich so bei Powwows. Ich habe ihn sofort unterbrochen.
"Ich bin Indianer und ich weiss, was sich bei Powwows gehört. Das hier ist sowieso keins und denen dort sagst Du auch nicht, sie sollen ihre Hüte absetzen" ich zeigte auf ein paar Deutsche mit bedecktem Kopf "Warum sprichst Du gerade mich an?" Er war schnell verschwunden.
"Guck mal, echte Indianer!" meinte ein junger Mann, eifrig dabei Fotos zu schiessen von Deutschen, die ihre Phantasie vom Indianer-Sein ausleben mit der Engstirnigkeit und dem Sinn für´s Detail, wofür die Deutschen so bekannt sind. Das könnte man ja eigentlich als lobenswerte Eigenschaft betrachten, aber bei diesem sogenannten "Powwow" war unrechtmässige Verwendung indianischer Kultur geradezu massenhaft vertreten.
Wettbewerbstanzen gab es beim Hoop- und Jingle-Tanz ebenso wie beim Fancy Shawl und Grass und es war Zuschauern jederzeit erlaubt mitzumachen. Das waren bloss Tänze ohne jegliche Symbolkraft und religiöse Verbundenheit, offensichtlich ein Mal-Was-Für-Jeden. Viel Bewegung aber nichts so wie das, womit ich aufgewachsen bin. Ich konnte die Aufregung und Begeisterung in Gesichtern sehen, die Ernsthaftigkeit der historischen Darstellung, die kunstvolle Ausführung der Kostüme, aber es war eben nicht mehr als eine Show, ein Theaterspiel, ein interaktive Kulturwissenschaftsausstellung zum anfassen.
Einige historische Fakten wurden bei diesem "Powwow" dargestellt und erklärt, aber vieles wurde so weit verbogen, dass es den Grund für solches Hobbyisten-"Reenactment" aufzeigen sollte, nämlich die Falschinformation, dass die Indianer nahezu ausgerottet seien - es wurde gesagt, die Hobyisten würden versuchen, den Geist dieser edlen Völker der Vergangenheit am Leben zu halten.
All das erinnerte mich an einen Artikel ind ICTMN von vor 14 Jahren. Lindbergh Namingha, ein Hopi, der in Deutschland lebte, schrieb über Hobbyisten: "Sie sind wie ein lebendes Museum und ich empfinde es sehr beleidigend, besonders wenn sie die Teilnahme von echten Indianern bei ihrer Veranstaltung verweigern. Sie sagen, wir wären zu modern und glauben, wir hätten unser Indianer-Sein verloren. Sie können anscheinend nicht verstehen, dass unsere Kultur, genau wie ihre, sich vom 17ten bis ins 21ste Jahrhundert weiterentwickelt hat."
Mit der Direktheit der Jugend drückte mein 16-jähriger Sohn das so aus: "Es ist nicht ihre Kultur. Sie stehlen sie von anderen, aber weigern sich, das zuzugeben. Das ist, warum sie uns nicht dort haben wollen, denn sie wissen, dass wir wissen, das was sie tun, ist falsch."
Das war kein Powwow. Es war ein Treffen eines Fan-Clubs und seiner Anhänger und nichts anderes als bei Anhängern von Star-Trek. Diese Aktivitäten basieren auf einer Phantasiewelt und Phantasiemenschen. Indianer sind real, sie haben eine Gegenwart und eine Zukunft, nicht nur eine Vergangenheit.